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Umstieg von Ubuntu auf Debian

Dass Ubuntu auf Debian basiert wissen die meisten. Was liegt also näher, sich die Mutterdistribution einmal näher anzusehen. Allerdings sollten einige Besonderheiten beachtet werden, um den Umstieg auf Debian möglichst schmerzfrei zu gestalten.

Debian ist anders

Vorab einige grundsätzliche Hinweise: Der Debian-Releasezyklus wird im Gegensatz zu Ubuntu nicht anhand fixer Terminen definiert. Eine neue Version wird getreu dem Motto "Es ist fertig, wenn es fertig ist" veröffentlicht.

In der Debian Distribution unterscheidet man zwischen den Zweigen stable, testing, unstable und exerpimental. Die offizielle veröffentlichte Version heißt stable. Diese Version wird grundsätzlich für die Installation empfohlen.

Die Entwicklung der nächsten stabilen Version findet im unstable und experimental Zweig statt. Debian-Paketbetreuer laden dort neue Paketversionen hoch. Pakete für die in der unstable Version innerhalb eines gewissen Zeitraums keine Fehler mehr aufweisen, werden automatisch in den testing Zweig migriert.

Somit ist die Software in testing auch stabil im Sinne von "zuverlässig und benutzbar wie in anderen Distributionen", und kann durchaus für bestimmte Einsatzbereiche auch für den Produktiveinsatz verwendet werden. Dabei ist zu beachten, dass in testing kontinuierlich neue Programmversionen eingepflegt werden. Nutzt man hingegen den stable Zweig so erfolgen zwischen den Veröffentlichungen nur Sicherheitsaktualisierungen und Fehlerkorrekturen. Mit stable ist man daher sicher vor Überraschungen und Nebeneffekten.

In den letzten Jahren hat sich für stable ein Releasezyklus von ca. 2 Jahren eingependelt.

Installationsmedien

Das Debian-Projekt hat vor einiger Zeit gemeinschaftlich entschieden, in der Standarddistribution keine sogenannten Binary Blobs mehr mit zu liefern. Dabei handelt es sich um Firmware-Komponenten für z.B. WLAN-Karten, die vom Hersteller nur in Binärform geliefert werden. Als Folge davon funktionieren viele WLAN-Karten bei Debian nicht ohne die Installation des Firmware-Pakets aus dem non-free Repository. Wer die Möglichkeit hat, kann die Installation über LAN durchführen (vorausgesetzt, dass für den Betrieb der Ethernet-Karte keine Binary Blobs benötigt werden) und anschließend die fehlenden Firmware-Pakete installieren. Alternativ kann ein Installationsmedium verwendet werden, das die Firmwaredateien enthält.

Für Allzweck-Installationsmedien mit unfreien Firmware-Dateien gibt es inoffizielle Images, z.B. eine universelle multi-arch CD.

Zur direkten Installation der Testing-Version kann ein offizielles aktuelles debian-installer Image verwendet werden.

Erstellung eines USB-Mediums

Nach dem Herunterladen des für die Rechnerarchitektur passenden netinstall Images (heute empfiehlt sich auf einem Standard-PC die Nutzung von amd64), kann dieses entweder mittels dd auf einen USB Stick übertragen, oder als ISO-Image auf eine CD gebrannt werden.

Die Erstellung eines bootbaren USB-Mediums erfolgt mit folgendem Kommando:

sudo dd if=*-netinst.iso of=/dev/sdX

wobei /dev/sdX durch den Device-Namen des USB-Mediums ersetzt werden muss. (Der Befehl dmesg | tail nach dem Einstecken des Devices gibt Auskunft über den Device-Namen.)

Achtung: Aktuelle Linux-Desktop-Umgebungen mounten USB-Massenspeicher bereits beim Einstecken. Um sicherzustellen, dass das Image sauber geschrieben wird, sollte das Device vor dem dd Befehl umounted werden (sudo umount /dev/sdX). Der umount-Befehl sollte immer in der Kommandozeile ausgeführt werden, da ein umounten aus dem Filemanager heraus meist auch die Device-Node entfernt!

Start vom Installationsmedium

Um von dem neu erstellten USB-Medium oder der CD starten zu können, muss im BIOS die Startreihenfolge so eingestellt sein, dass das entsprechende Device zuoberst steht. Alternativ haben viele BIOSes ein Bootmenü, in dem sich die Startreihenfolge manuell auswählen lässt.

Wenn alles geklappt hat, sollte der Startbildschirm des Debian-Installers erscheinen. Dort besteht unter anderem die Möglichkeit die zu installierende Desktopumgebung festzulegen (Advanced Options / Alternative Desktop Environments) oder die Installation im grafischen Modus zu starten.

Wir gehen im Folgenden von einer grafischen Installation (Graphical Install) mit unveränderten Desktopeinstellungen (Standard: GNOME) aus. Alternativ kann je nach persönlichen Vorlieben KDE, LXDE oder Xfce als Installations -Option gewählt werden.

Hinweis: Falls ein Installationsmedium gewählt wurde, das nicht zur tatsächlichen Rechnerarchitektur passt, startet die Installation nicht.

Installation

Die Installation ist sehr ausführlich und vollständig im Installations-Handbuch beschrieben.

Kürzer geht es mit QuickInstall und dem DebianDesktopHowTo.

Tatsächlich ist die Installation recht einfach und unterteilt sich in folgende Schritte:

Nach der Installation

Nach Abschluss der Installation startet das System in den Anmeldebildschirm. Dort kann man sich mit dem während der Installation angegebenen Benutzerkonto anmelden.

Aktivierung von sudo

Im Gegensatz zu Ubuntu ist unter Debian sudo so eingerichtet, dass nur Mitglieder der Gruppe sudo, sudo Befehle ausführen dürfen. Um einen Benutzer der sudo Gruppe hinzuzufügen, öffnet man ein Terminal und erlangt mit su - root-Rechte. Der Befehl adduser username sudo fügt den Benutzer username zur Gruppe sudo hinzu.

Zur Aktivierung der Einstellungen sollte der Benutzer Ab- und wieder angemeldet werden. In den folgenden Hinweisen gehen wir davon aus, dass sudo eingerichtet wurde und korrekt funktioniert.

Einstellung des Standardeditors

Der Standardeditor bei Debian ist nano. Wer gerne den Editor vim mag, wird schnell feststellen, dass nur eine abgespeckte Version (Paket vim-tiny) mit installiert worden ist. Dies lässt sich mit Hilfe von sudo apt-get install vim nachholen. Freunde von GNU Emacs können diesen mit sudo apt-get install emacs nachinstallieren.

Mit Hilfe von sudo update-alternatives --config editor lässt sich der Standardeditor festlegen.

Aktivierung von non-free und contrib

Debian unterteilt die Repositories in main, contrib und non-free, wobei nur main standardmässig aktiviert ist, da dieses ausschließlich freie Software enthält. Wer unfreie Software aus den zusätzlichen Repositories installieren möchte, muss in der Datei /etc/apt/sources.list hinter jede Standard-Repository-Definition contrib non-free anfügen. Ein sudo apt-get update aktualisiert danach die lokal gespeicherten Repository-Informationen. Wurde die Installation mit den inoffiziellen Images durchgeführt, wurden die Repositories automatisch aktiviert, und dieser Schritt muss nicht manuell ausgeführt werden.

Installation unfreier Firmware

Sollte die Hardware auf der Debian installiert worden ist, unfreie Firmware voraussetzen, kann diese aus dem non-free Repository nachinstalliert werden. Bei einer Installation mit Hilfe der inoffiziellen Images, wurden die Firmwaredateien bereits installiert und dieser Schritt kann übersprungen werden.

Um die benötigten Firmware-Pakete installieren zu können, muss zunächst ermittelt werden, wie der Hersteller und das Hardwaremodell heißt, für das Firmware benötigt wird.

Die Ausgabe von dmesg enthält Hinweise wie missing firmware, wenn eine Firmware nicht geladen werden konnte. lspci listet PCI Geräte, mit lsusb erhält man eine Liste aller angeschlossenen USB Geräte.

Hat man die benötigten Informationen ermittelt, lassen sich mit Hilfe von apt-cache search --names-only ^firmware alle Pakete anzeigen, deren Name mit firmware beginnt (was für einen grossen Teil der Firmware-Pakete zutrifft). Prominente Beispiele sind:

Meist gibt der Paketname oder die Beschreibung Auskunft über die unterstützte Hardware.

Nach der Installation des richtigen Pakets, empfiehlt sich ein Neustart, damit die Firmware korrekt geladen wird.

Firefox und Thunderbird

Aufgrund von ursprünglich eingeschränkten Rechten am Namen und den Icons, hat sich das Debian-Projekt entschieden Mozilla Firefox in Iceweasel und Mozilla Thunderbird in Icedove umzubenennen. Die Programme entsprechen sonst der Originalsoftware.

Für die stable Version, hat das Debian Projekt die ESR Version von Iceweasel vorgesehen, da diese langfristig mit Updates versorgt wird.

Wer gerne eine aktuellere Version des Browsers oder des E-Mail-Clients installieren möchte, findet auf http://mozilla.debian.net/ ein Webtool zur Erstellung von sources.list-Einträgen und eine Anleitung zur Installation.

deb-multimedia

Wer trotz der ca. 30000 Pakete noch eine Multimedia-Anwendung vermisst, wird evtl. beim inoffiziellen Projekt deb-multimedia fündig. deb-multimedia stellt z.B. u.a. die libdvdcss zur Verfügung, welche zum Abspielen von CSS-verschlüsselter DVDs benötigt wird. Die Nutzung der Bibliothek ist allerdings in einigen Ländern strafbar.

Zur Nutzung von deb-multimedia erstellt man einen sources.list-Eintrag (oder eine eigene Datei mit folgendem Inhalt unter /etc/apt/sources.list.d/):

deb ftp://ftp.deb-multimedia.org wheezy main non-free

Mit sudo apt-get update lassen sich die lokalen Repository-Informationen aktualisieren. Danach kann mit Hilfe von sudo apt-get install deb-multimedia-keyring der Keyring des Repositories installiert werden.

Allerdings muss beachtet werden, dass Probleme, die durch Nutzung von Paketen von deb-multimedia entstehen, nicht bei Debian sondern beim Betreiber von deb-multimedia gemeldet werden sollten. Debian kann an (ggf. auch in offiziellen Debian-Paketen auftauchenden) durch Pakete von deb-multimedia verursachte Fehler nichts ändern.

NetworkManager

Möchte man gerne den NetworkManager nutzen, muss sichergestellt werden, dass keine Einstellungen für das entsprechende Interface (z.B. wlan0) in der Datei /etc/network/interfaces hinterlegt sind. Andernfalls wird das Gerät im Netzwerkmanager als "nicht verwaltet" angezeigt. Nach dieser Änderung wird ein Neustart empfohlen.

Stable oder Testing?

Bei stable handelt es wie bereits beschrieben, um die langfristig unterstützte, stabile Version von Debian. Testing ist ein fortlaufender Zweig, der permanent aktualisiert wird. Er wird vor der Herausgabe einer neuen stable Version zur Stabilisierung genutzt. Während dieser sogenannten "Freeze-Phase", werden in testing keine neuen Versionen oder Features mehr eingespielt, sondern nur noch Bugfixes. In dieser Zeit kann man, nach Meinung des Autors dieses Wiki-Artikels, zumindest für Neuinstallationen von Desktopsystemen auch die testing Version installieren. Eine erfolgreiche testing Installation wird dann im Zuge der "dist-upgrades" automatisch zur nächsten stable Version.

Für Systeme, die dauerhaft auf dem testing Zweig betrieben werden, können Probleme bei größeren Umstellungen nicht ausgeschlossen werden. Für die frühe Nutzung von DebianTesting, sollte man selbst in der Lage sein z.B. Paketabhängigkeiten aufzulösen (oder zumindest wissen wo er/sie sich Hilfe holen muss ;))

Ziel: stable

Die meisten Repositories bieten als Distributionstag wahlweise die Release-Codenamen oder die Trees (stable/testing/unstable/experimental) an. Wurde die Installation mit Hilfe eines stable Installationsmediums durchgeführt, wurden die Einträge in der sources.list bereits korrekt angelegt. Eine Anpassung ist nicht notwendig.

Ziel: testing

Wer auf testing gehen möchte, sollte sicherstellen, dass in sources.list Einträgen testing angegeben ist (und auch nach Veröffentlichung eines neuen stable Releases angegeben bleibt). Die Aktualisierung des Systems erfolgt auf dem testing Zweig immer mit sudo apt-get dist-upgrade und nicht mit sudo apt-get upgrade.


CategoryQuickInstall